Pflegereport 2025: Pflege vor Ort – zwischen Anspruch und Wirklichkeit

Pflegereport der DAK 2025
Pflege vor Ort – zwischen Anspruch und Wirklichkeit

1. Ziel und Hintergrund

Der DAK-Pflegereport 2025 widmet sich dem Schwerpunktthema „Pflege vor Ort“ in Zeiten des demografischen Wandels. Er untersucht:

  • die Qualität und Verfügbarkeit von Pflegeleistungen in Kommunen,
  • den Stand der Pflegeberatung (§ 7a SGB XI) und Pflegestützpunkte (§ 7c SGB XI),
  • das Potenzial von Care- und Case Management-Ansätzen zur Bewältigung künftiger Versorgungsengpässe.

Datengrundlage sind:

  • eine repräsentative Bevölkerungsbefragung durch das Institut für Demoskopie Allensbach,
  • GKV-/SPV-Routinedatenanalysen durch OptiMedis,
  • qualitative Studien (Fokusgruppen) durch AGP Sozialforschung.

2. Zentrale Ergebnisse

2.1 Pflege in der Bevölkerung

  • Pflege wird als gesamtgesellschaftliche Aufgabe verstanden, genießt aber weiterhin nicht den nötigen politischen Stellenwert.
  • 87 % der Befragten fordern eine grundlegende Reform des Pflegesystems.
  • Die meisten Menschen wünschen sich Pflege in der Häuslichkeit – professionelle Pflegeeinrichtungen gelten als letzte Option.
  • Sorge um die Finanzierbarkeit steigt: Die Pflegeversicherung wird zunehmend als unzureichend erlebt.

2.2 Pflegeberatung und Pflegestützpunkte

  • Pflegeberatung wird als äußerst hilfreich erlebt – jedoch ist ihre Inanspruchnahme noch ausbaufähig.
  • Beratung kann zu höherer Einstufung im Pflegegrad führen und verbessert die Nutzung unterstützender Leistungen (z. B. Tagespflege, Wohnraumanpassung).
  • Pflegestützpunkte sind in der Bevölkerung kaum bekannt, obwohl ihre koordinierende Rolle hohe Wirkung entfalten könnte.
  • Es besteht ein deutliches Gefälle bei Bekanntheit und Ausgestaltung der Pflegestützpunkte zwischen den Bundesländern.

2.3 Versorgungsrealität und regionale Unterschiede

  • Die Versorgungsqualität variiert stark nach Region: Ländliche Räume haben häufig schlechtere stationäre Angebote, Städte wiederum kaum ambulante Dienste.
  • Besonders kritisch ist die Situation in der Kurzzeitpflege und für Sonderzielgruppen wie junge Pflegebedürftige oder Menschen mit psychiatrischen Erkrankungen.

2.4 Fachkräftemangel und informelle Pflege

  • Der Mangel an Pflegefachkräften wird als zentrales Problem benannt.
  • Informelle Pflege durch Angehörige bleibt tragende Säule – aber deren Belastung ist hoch.
  • Ohne ehrenamtliches Engagement und zivilgesellschaftliche Strukturen wird Langzeitpflege nicht aufrechtzuerhalten sein.

2.5 Digitalisierung und Innovation

  • Digitale Unterstützungsangebote sind unterentwickelt.
  • ReKo (Regionales Pflegekompetenzzentrum) wird als Modell für vernetztes Case Management vorgestellt – mit positiven Effekten auf Versorgung und Zufriedenheit.

3. Care- und Case Management

  • Wird als Schlüsselstrategie gesehen, um Effizienz und Bedarfsgerechtigkeit sicherzustellen.
  • Es fehlt jedoch an bundesweit einheitlichen Standards, Ausstattung und Verankerung in der kommunalen Pflegeplanung.
  • Erfolgreiche Modellprojekte zeigen, dass gezieltes Fallmanagement (z. B. durch Pflegeberater\:innen) Pflegearrangements stabilisieren kann.

4. Empfehlungen für die Politik

  1. Pflegestützpunkte ausbauen: flächendeckend, qualitätsgesichert, gesetzlich klar verankert.
  2. Pflegeberatung stärken: intensiver, individueller, proaktiver.
  3. Kommunale Planungspflichten ausweiten: Pflegeplanung als verbindliche Aufgabe.
  4. Fachkräfte stärken: mehr Kompetenzen, z. B. eigenverantwortliche Heilkunde.
  5. Versorgungssicherheit regional sicherstellen: gleichwertige Lebensverhältnisse schaffen.
  6. Informelle Pflege systematisch fördern: mit Schulung, Entlastungsangeboten und Anerkennung.
  7. Digitalisierung vorantreiben: bessere Infrastruktur, Akzeptanz und Integration.
  8. Pflegeversicherung reformieren: Beitragsstabilität und Leistungsausbau müssen ausbalanciert werden.

Der Pflegereport 2025 diagnostiziert ein System im Umbruch: Die Herausforderungen durch den demografischen Wandel, den Fachkräftemangel und die regionalen Disparitäten erfordern tiefgreifende Strukturreformen. Besonders Care- und Case Management, gestärkte Pflegeberatung und koordinierte kommunale Versorgung sind zentrale Hebel für ein zukunftsfestes Pflegesystem.